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Stilguide – Der italienische Anzug

Vorstellung der Schneidertraditionen Europas – Italienisch. Der zweite Teil unseres Stilguide vermittelt Ihnen die traditionellen Details dieser Schneidertradition. Ein italienischer Anzug steht nach wie vor als Ausweis für Lebensart und Leichtigkeit.

Schneidertradition italienisch

Italienisch meint, eine über den Lauf der Jahrhunderte regionale Ausprägungen, welche nicht alleinig auf den klassischen Anzug des Herren, sondern sich vielmehr in allen Bereichen der Literatur, der Malerei, der Musik oder jedweder sonstigen Kulturtechnik und des damit zusammenhängenden schöpferischen Akts sowie dessen Ergebnis gebildet haben.

Anzug der italienischen Schule: la dolce vita und filato misto

italienisch Sakko

Auch die Italiener haben auf der bereits angesprochenen Weltbühne zuletzt ein eher trauriges Schauspiel abgegeben – allen voran Matteo Salvini, Lautsprecher der Lega Nord und vormals Innenminister im Kabinett Conte. Sieht man von den eher weniger schmeichelhaften Bildern ab, welche an den zahlreichen Stränden, die er im Rahmen seiner Wahlkampf-Tour be- (oder je nach Lesart) heimgesucht hat, muss man jedoch konstatieren, dass für den „Capitano“ gleichfalls das gilt, was man gemeinhin den Italienern per se nachsagt: ein gesundes Maß an spielerischer Eleganz mit Hang zur Leichtigkeit.
Ganz unbestreitbar hängt dies nicht zuletzt mit den klimatischen Bedingungen des Landes zusammen: wo es im Sommer gerne mal 35 Grad und mehr werden, ist der Drang, sich der Oberbekleidung möglichst vollflächig zu entledigen, mehr als nachvollziehbar. Wo dies indes aufgrund der Gepflogenheiten jedoch nicht möglich ist, behilft man sich natürlich mit anderen Kniffen: man greift zu luftigen Tuchen mit offenporiger Webung, wie z.B. Fresko oder leichtes italienisches Leinen, gerne auch in etwas mutigeren Farbstellungen. Italienische Webereien, allen voran Loro Piana, sind ebenfalls berühmt für ihre perfekt akzentuierten Gewebemischungen. Wer schon mal eine Leinen-Seide-Wolle-Cashmere-Mischung von vorweg genannter Weberei oder ein Tuch aus der „Oxygen“-Serie von Lanificio Cerrutti in der Hand hatte, wird hier anerkennend nicken. Womit wir auch schon das erste Merkmal des typisch italienischen Anzugs charakterisiert hätten: die angenehme Leichtigkeit und Nonchalance des verwendeten Tuchs.

Was genau macht einen Anzug auf unverwechselbare Art „italienisch“?

Sakko steigendes Revers italienisch
Sakko fallendes Revers italienisch

Wie auch in der britischen Schule (Teil 1), spielt die Schulterpartie in Italien eine große Rolle, allerdings in diametraler Hinsicht. Denn diese ist südländisch leicht verarbeitet und kommt vielfach mit kaum existenter oder gar keiner Polsterung aus – die Schulter ist im engeren Sinne natürlich verarbeitet. Zusammen mit einem höher sitzenden Armloch und einem für gewöhnlich engeren Ärmelansatz ergibt sich hiermit optisch eine Schulterlinie, die stark an die eines Hemds erinnert. Weswegen diese Art auch „spalla camicia“ genannt wird. Die vielfach zu beobachtende, sich kräuselnde Fältelung am Ärmelansatz ist dabei keinesfalls auf schlampige Verarbeitung, sondern ganz im Gegenteil auf hohe schneiderliche Handwerkskunst zurückzuführen. Neben der optischen Spielerei weisen diese darauf hin, dass es dem Schneider des Sakkos gelungen ist, den breiten Ärmelumfang in ein dafür eigentlich zu enges Ärmelloch einzupassen.
Die Brustpartie des italienischen Anzugs ist ebenfalls leichter verarbeitet – auch hier zeigt sich das Prinzip der Reduktion. Auf feste Einlagen aus Rosshaar oder Leinen wird, wenn möglich, entweder ganz verzichtet oder zu leichten Varianten gegriffen. Das Revers ist für gewöhnlich etwas breiter und weist oftmals auch eine (ab und an doppelte) Ziernaht auf, die vor allem eine optische Spielerei bildet. Im deutschen Sprachraum hat sich dieses kleine Detail als AMF-Kante niedergeschlagen. Ebenfalls ein optischer Leckerbissen und Ausweis der hohen Güte des Sakkos ist das Knopfloch „a la milanese“ – hierbei wird das Reversknopfloch so umsäumt, dass sich eine nahezu plastische Wölbung ergibt.
Die Hosen sind für gewöhnlich etwas kürzer und enger geschnitten, auch die Leibhöhe sinkt etwas. Bundfalten kommen natürlich vor, sind allerdings nicht ganz so verbreitet wie in England. Auch auf das Tragen von Umschlägen wird öfter verzichtet, lenken sie den Blick doch ab und an vom filigran gearbeiteten Schuhwerk ab.

italienisch Anzüge

Von Kopf bis Fuß stellt sich für den Betrachter so also allmählich das Bild eines Bonvivant mit lässiger Expressivität ein, der über gewisse Kleinigkeiten das Besondere sucht – bzw. die Perfektion der Imperfektion. Im italienischen wird diese Herangehensweise übrigens „sprezzatura“ genannt: der Begriff geht zurück auf das «Buch des Höflings» des Renaissance-Grafen Baldassare Castiglione, in dem er beschreibt, wie wichtig es für Angestellte des Hofes sei «stets eine gewisse Art von Lässigkeit anzuwenden, die bezeigt, dass das, was man tut oder sagt, anscheinend mühelos und fast ohne Nachdenken zustande gekommen ist». Echte Meister des Fachs erlangen diesen Status nach jahrelanger Kontemplation mühelos und beinahe im Schlaf. Den meisten Sterblichen muss man jedoch zugestehen, dass es mehrerer Stunden Übung bedarf, bis die Krawatte perfekt unperfekt sitzt oder das Hemd genau so aufgeknöpft ist, dass man genügend Haut zeigt, aber nicht als Aushilfsmafiosi oder Bademeister wahrgenommen wird.

Sollten Sie sich in der geschilderten Ausführung der italienischen Schneidertradition wiederfinden, würden wir uns als Ihr Maßschneider freuen, Sie bei der Realisierung Ihres neuen italienischen Anzugs zu unterstützen. Erleben Sie unseren Schaffungsprozeß, der eine ganze Reihe von klassischen Schneidertugenden und die Liebe zum Detail innehält, für Ihre Maßbekleidung im individuellen Stil. Sie ganz persönlich tragen dazu bei, dass Sie einen zeitlosen Klassiker – Maßanzug – erhalten, an dem Sie noch lange Freude haben werden.