Endlich ist es wieder soweit, dass Sie sich Ihrer Lieblingsstücke für die bevorstehenden Jahreszeiten bedienen können. Geduldig haben diese in Ihrem Kleiderschrank ausgeharrt und freuen sich nun als Ihr wärmender, schützender Begleiter agieren zu dürfen.
Wie bei so vielen anderen Kleidungsstücken in der Herrengarderobe zeigt sich auch der Herrenmantel in verschiedenen Farben, Macharten und Formalitätsgraden. Von betont freizeitlich, aber mit englischer Provenienz (Dufflecoat, auch „Monty“ genannt), über lässig, elegant und stadttauglich (der Trenchcoat) bis hin zu ausgesprochen maritim (Peacoat): für jeden Anlass gibt es den richtigen Mantel. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die drei Bekanntesten: den Chesterfield Coat, Covert Coat und Ulster.
Unter den formellen Spielarten des Männer-Mantels sticht der Chesterfield als Ikone hervor. „Geboren“ wurde dieses Stück, wie es kaum anders zu vermuten ist, in England. George Stanhope, der vierte Earl of Chesterfield war zu seiner Zeit in Bekleidungsfragen über jeden Zweifel erhaben und griff in den 1840er Jahren vornehmlich zu diesem Stück, um dem englischen Wetter zu begegnen. Im Handumdrehen war der „Chesterfield“ geboren, welcher einem klassischen Sakko nicht so unähnlich ist: einzig die Länge unterscheidet sich für gewöhnlich.
Sein Schnitt sollte körperbetont und mindestens knielang sein, wobei es vom Geschmack & den Vorlieben seines Trägers abhängt, ob er ein- oder zweireihig getragen wird. In der häufigsten Ausprägung hat der Chesterfield drei Schließknöpfe und bietet somit ausreichend Varianten für den Verschluss. Der uralte Merkspruch der Knöpfung, „Sometimes-Always-Never“, kann hier jedoch außer Acht gelassen werden – durch seine Länge kann auch der unterste Schließknopf geschlossen werden. Ein besonderes Merkmal des Chesterfield ist der oftmals genutzte Samtbezug am Kragen: hierbei wird der Oberkragen des Mantels in leicht kontrastierendem Samt besetzt. Mit seinen drei Taschen (2x Hüfttaschen pro Seite & 1 Brusttasche) bietet er ausreichend Stauraum für Ihr mobiles Inventar – seien es nun Ihre kalten Hände oder die Zigarre, die keck neben dem Einstecktuch aus der Brusttasche lugt.
Ihr Chesterfield sollte gemäß seiner angedachten Funktion idealerweise aus grobem Schurwolltuch in Twill– oder Fischgratbindung gefertigt und in gedeckten Grau-, Blau- oder Brauntönen gehalten sein. Selbstverständlich sind auch „feinere“ Stoffe wie Kaschmir oder Alpaka denkbar – in diesem Fall dehnen Sie die modischen Konventionen einfach ein wenig, ohne sie vollständig zu brechen.
Der Covert Coat pflegt mit dem Chesterfield enge verwandtschaftliche Beziehungen: auch bekannt als „Crombie“, ist dieser Mantel jedoch immer einreihig und mit verdeckter Knopfleiste ausgestattet. Auch er kann seine Herkunft nicht verhehlen: im späten 19. Jahrhundert wurde er von der englischen Aristokratie vor allem für freizeitliche Aktivitäten, wie z.B. der Jagd und Ausritten, getragen. So führte der traditionsreiche englische Hersteller Tibbetts of England diesen seit 1898 im Programm.
Der Covert Coat wird für gewöhnlich aus schwerem, hellbraunem Whipcord gefertigt. Whipcord ist dem Twill nicht unähnlich, im Griff jedoch deutlich körniger als sein stilistischer Zwilling. Ein weiteres, gerade in England weit verbreitetes Stilmerkmal ist die Detaillierung der Ärmelenden und des Rumpfs: das als „Railroading“ bezeichnete Werk war früher Ausweis besonderen Muts, wurde die Technik doch zum Stopfen kleiner Löcher und gezogener Fäden benutzt. Heutzutage mag der Träger zwar nach wie vor unerschrocken durch Hecken springen und urban auf die Pirsch gehen, die parallel laufenden Steppnähte („railroads“) dienen jedoch vornehmlich der Zierde. Live und in action lässt sich dieser Mantel übrigens im Film „Snatch – Schweine und Diamanten“ bewundern: die gespielte Figur „Turkish“, ein kleinkrimineller Boxpromoter trägt diesen zur Schau. Und wo wir gerade bei zwielichtigen Gestalten sind: auch UKIP und Brexit-Leader Nigel Farage gilt als Fan dieses Kleidungsstücks.
Wiewohl der Name vermutet lässt, ist nicht die amerikanische Modeschöpfer-Ikone Ralph Lauren für die Erfindung des Polo-Coat verantwortlich. Seine Namensgebung lässt sich vornehmlich auf das Einsatzgebiet zurückführen. Ursprünglich als eine Art Wickelmantel mit Gurt für Polo-spielende Männer entwickelt, wird der „Polo“- bzw. Ulster-Coat heute fast ausschließlich als zweireihiges, mit 6 Knöpfen zu schließendes Exemplar getragen.
Für den Polo-Coat greift Mann gewöhnlich zu Kamelhaar oder Kaschmir- / Kaschmir-Wolle-Mixturen, deren Grammatur sich im Bereich ab 650g pro Laufmeter bewegen. In Italien, gemeinhin nicht für sein schlechtes Wetter, wohl aber für ausgeprägte modische Raffinesse bekannt, wird der Ulster aus Casentino gefertigt. Dieser aus der Toskana stammende, „grobe“ Wollstoff zeichnet sich durch die geringe Veredelung und die ungleichmäßige Oberfläche aus. Er vor allem deswegen geschätzt, weil er sehr widerstandsfähig ist und in einer Vielzahl aufregender Farben hergestellt wird. Zusätzliche Wärmedämmung erlangt der Ulster dabei oftmals auch durch das verwendete Baumwollfutter.
Stilistische Merkmale des Ulster sind die aufgesetzten, quadratischen Taschen mit Flappen, die nach hinten umgeschlagenen Manschettenärmel sowie ein längs verlaufender Rückenschlitz mit nicht-verstellbarem Rückengurt. Dieser auch „martingale“ genannte Gürtel stellt die obere Begrenzung der Kellerfalte dar, die es dem Träger des Mantels ermöglicht, raumgreifend auszuschreiten, ohne von den Stoffmassen um seine Beine behindert zu werden.
Insgesamt entwickelt der Ulster in seiner Gesamtheit optisch betrachtet etwas Militärisches – für den Kampf mit den Elementen ist sein Träger damit bestens ausgestattet.